Welche Krankheiten spielen bei der Sortenwahl die wichtigste Rolle?
Das wichtigste Kriterium in den letzten ca. 3 Jahren bei der Sortenwahl war die Frage, ob der Anbau innerhalb oder außerhalb des SBR-Gebietes erfolgt. Die in den Arbeitsgemeinschaften Franken und Südwest unter SBR-Befall durchgeführten Sortenversuche zeigten an Einzelstandorten einen Unterschied im Bereinigten Zuckerertrag (BZE) von bis zu 40 % zwischen der besten toleranten und einer anfälligen Sorte. Nach der zeitigem Kenntnisstand ist SBR nicht oder nur unzureichend direkt zu bekämpfen. Umso wichtiger ist deshalb die richtige Sortenwahl. Es ist ratsam, eine SBR-tolerante Sorte zu wählen, unabhängig davon, ob Phytoplasma, Proteobakterium oder der Komplex aus beiden Erregern SBR ausgelöst (siehe Abb. 1 und Tab. 2). Dadurch lässt sich das Ertragsrisiko teilweise absichern. Da an den allermeisten Standorten der drei schwer betroffenen Zuckerfabriken Offstein, Offenau und Ochsenfurt mit hoher Wahrscheinlichkeit gleichzeitig Nematoden vorhanden sein können, sollte die gewählte Sorte gleichzeitig nematodentolerant sein. Wie später dargestellt, ist die Wahl einer herbizidtoleranten Smart-Sorte im SBR-Gebiet nicht empfehlenswert.
Nach SBR und Nematoden ist Cercospora die Krankheit mit ebenfalls potenziell sehr hohen BZE-Verlusten. Die Blattkrankheit spielt v.a. in den Anbauregionen Südostbayerns, dem Rheingraben aber auch bei Beregnungsbetrieben eine signifikante Rolle. Aufgrund von zunehmenden Resistenzen bzw. abnehmenden Wirkungsgraden der zur Verfügung stehenden Fungizide ist bei der Sortenwahl generell auf Blattgesundheit zu achten. Mit der richtigen Wahl von z.B. Cerco+ Sorten, die einen sehr hohen Schutz gegen Cercospora bieten, kann der Ertrag abgesichert werden. Erleiden Felder aufgrund von Behandlungsfehlern oder falscher Sortenwahl einen kompletten Blattverlust können sich die daraus resultierenden BZE-Verluste sehr schnell auf 25 % und mehr summieren. Im SBR-Gebiet sollte den SBR-toleranten Sorten eindeutig der Vorzug gegenüber den Cerco+Sorten gegeben werden, da letztere unter SBR-Befall in ihrer Leistung deutlich abfallen.
Ist Unkrautbekämpfung ein wichtiges Kriterium bei der Sortenwahl?
Neben den bereits erwähnten Sorten mit Toleranzen bzw. Resistenzen gegen verschiedene Krankheiten gibt es zusätzlich Sorten aus der Smart-Familie, die gegen das sulfonylharnstoffhaltige Herbizid Conviso One (ALS-Hemmer) tolerant sind und dadurch die Unkrautbekämpfung vereinfachen können. Für das Anbaujahr 2024 stehen alle herbiziden Wirkstoffe aus dem Vorjahr zur Verfügung. Sofern auf den Äckern keine sehr schwer bekämpfbaren Unkräuter wie z.B. Stechapfel, Samtpappel oder Ambrosia bzw. Unkrautrüben vorkommen, ist eine effektive Unkrautbekämpfung durch eine termingerechte Applikation klassischer Herbizidmischungen möglich. Die Vorteile bei den Smart-Sorten liegen in der Bekämpfung von Problemunkräutern und Unkrautrüben sowie in einer besseren Verträglichkeit bei gleichzeitig flexiblen Anwendungsterminen. Diese Vorteile sind durch höhere Preise im Vergleich zu klassischen Sorten zu bezahlen. Zusätzlich besteht (bei Behandlung dieser Smart-Sorten mit klassischen Herbiziden) nach wie vor ein deutlicher Leistungsunterschied im BZE von bis zu 10 % im Vergleich zu den besten nicht Smart-Sorten. Dieser Nachteil wird durch den fehlenden Phytotox-Effekt bei den Smart-Sorten bei Behandlung mit dem Herbizid Conviso One teilweise kompensiert. Wie bereits erwähnt, ist bei SBR-Befall von einem Einsatz aller aktuell zugelassenen Smart-Sorten in SBR-Gebieten abzuraten, da diese mit einem starken Leistungsabfall auf die Infektion reagieren.